Drei praktische Hinweise zum Erziehen
Eltern müssen gemeinsam eine klare Linie vertreten – Eltern müssen konsequent sein – Eltern dürfen konzessionsbereit sein
I. Gemeinsam eine klare Linie
Eltern beschenken ihre Kinder am meisten dadurch, daß sie selbst eine klare und gute Haltung haben. Ein gesundes eheliches Verhältnis schafft die Basis für ein gutes Eltern-Kind-Verhältnis. Wenn Mann und Frau noch um ihre Positionen streiten und ihre Rechte behaupten, wenn eine falsch verstandene, unbiblische Emanzipation die Ehe verunsichert und einen „Dreißigjährigen Ehekrieg“ heraufbeschwört, dann können Mann und Frau schwerlich gute Eltern werden, können nicht gemeinsam und in geschlossener Front erziehen – zum großen Nachteil der Kinder. Deswegen gehört es zum Gebot der Stunde, alle falschen Leitbilder der Ehe, die uns entweder aufgestachelt oder „heruntergeputzt“ haben und die Ehe und Familie von Grund auf gefährden, von dem Sockel zu stürzen, der ihnen nicht zukommt. Über Ehe und Familie bestimmt Gott und keine Zeitströmung oder Ideologie. Ströme verlaufen sich im Sande, und Ideologien verblassen wie Gestirne. Die Familie aber empfängt ihre Konturen unter ewigem Licht.
Weil Erziehen nicht einfach ist, hat Gott die Aufgabe zwei Menschen anvertraut. Nicht damit der eine „Hü“ und der andere „Hott“ sagt, der eine an dem rechten und der andere am linken Zügel zerrt, sondern sie sollen sich einig sein. Die Zügel gehören jeweils in eine Hand; wer von den Eltern sie nicht hält, steht als Ratgeber daneben. Der Mann darf die Zügel abgeben – vielleicht manchmal nur zu gerne! -, aber er darf es nur zeitweilig tun. Die Verantwortung für die Familie wird Gott primär von ihm fordern. Denn er wurde als „Kapitän des Familienschiffes“ eingesetzt. Kinder brauchen klare Weisung. Die Ordnung im Haus kann nur aufgebaut und aufrechterhalten werden, wenn Mann und Frau gelernt haben, eins zu werden und so füreinander einstehen, daß Kinder sie nicht entzweien oder gar gegeneinander ausspielen können.
II. Konsequent
Konsequent sein – das ist die zweite Bedingung des Erziehens. Wird sie nicht befolgt, erweist sich das Erziehen als Bumerang. Wenn Kinder herausbekommen, was Vater und Mutter sagen, meinen sie gar nicht so, dann ist es um die elterliche Autorität geschehen. Eltern erziehen an Gottes Statt. Mit Gottes Wort und Gebot läßt sich nicht feilschen und handeln. Es ist lebendig, an die Person Gottes gebunden. Nichtbeachtung Seiner Gebote verletzt Gott, entzieht und versagt Ihm die Achtung und beraubt uns des Lebens. So wird unser Leben schutzlos. Menschenwort ist diskutabel; Gottes Wort nicht. Wenn Gott eine Weisung gibt und ich sage: „Das will ich mir erst einmal überlegen“, dann lege ich meine Anschauung gleichsam über die Weisung Gottes und halte mich für klüger. Auf dem Kampfplatz unserer gefallenen Erde helfen keine Meinungen und Ansichten oder gar Experimente. Wo es ums Leben geht, brauchen wir klare Weisung und eine das Leben schützende und es fördernde Aktion. Sonst gehen wir verloren, bevor wir beginnen.
Wo Eltern an Gottes Statt erziehen und darauf achten, daß das Gebot Gottes geachtet und Gottes Ordnung in der Familie ausgerichtet wird, da müssen sie lernen, daß ihre Worte gelten. Zum Beispiel: „Heute abend essen wir um 18.00 Uhr. Ihr kommt um 17.45 Uhr nach Hause, müßt euch noch waschen, um 18.00 Uhr fangen wir an.“ Wenn dann die Kinder erst 5 Minuten nach 18.00 Uhr ins Haus trödeln, ist es ein Abmachungs- und Ordnungsbruch. Wir meinen vielleicht: „eine Kleinigkeit, eine Lappalie!“ – aber alles leidet: der Vater schaut nervös auf die Uhr, da er um 19.00 Uhr schon zu einer Sitzung erwartet wird. Die Mutter wird aufgeregt, weil das Essen kalt wird. Die Kinder streiten sich, wer sich zuerst wäscht, und die Stimmung am Tisch ist verdorben. Also doch keine „Kleinigkeit“! Welche Unordnung und Mißstimmung bricht in die Familie ein! Wollen wir Familie sein, dann müssen wir uns auch an ihre Ordnungen halten. Wie schön ist eine gemeinsame Essenszeit mit gemeinsamem Lied oder dankbarem Gebet zu Anfang! Dafür lohnt es sich, Kraft zu investieren, auch wenn es viel konsequente Kleinarbeit kostet.
Ohne Konsequenz können wir den Willen unserer Kinder nicht schulen. Zum konsequenten Erziehen gehört, daß ich die Ausführung eines Gebots überprüfe. Das ist etwas zeitraubend, aber notwendig. Wenn wir einmal ein Ultimatum gesetzt haben, müssen wir es auch einhalten und ein Kind bestrafen, das sich nicht daran hält. Die Strafe zielt darauf ab, den Willen des Kindes zu „strafen“, damit es sich nicht von der Willenlosigkeit vergewaltigen läßt: Bei den Jungen ist es oft die Laschheit und bei den Mädchen die Gefühle, die überhandnehmen. Sie müssen lernen, ihr Gefühl und ihren Willen in den Griff zu bekommen, sonst sind sie ihr Leben lang geschädigte Menschen.
III. Konzessionsbereit
Zum geschlossenen, gemeinsamen und konsequenten Erziehen gehört als drittes die Konzessionsbereitschaft. Sie beginnt damit, daß Eltern zugeben können, wenn sie etwas falsch gemacht haben. Kinder haben ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Um eine Situation zu retten, können Väter manchmal zu schnell dreinfahren, ohne vorherige sorgfältige Prüfung der Tatbestände. Es kann böse Folgen haben, wenn wir den Falschen erwischen. Das trifft Kinder oft ganz tief. Wie sehr brauchen wir die „gereinigten Hände ohne Zorn und Zweifel“
(1. TIMOTHEUS 2:8)!
Einer unserer Jungen saß einmal schluchzend und am ganzen Körper zitternd vor mir – weil ich ihn fälschlich beschuldigt und bestraft hatte. Wie gut war es, daß ich sagen konnte: „Du hast recht, ich bitte dich um Entschuldigung.“ Da schaukelte sich das Weltgefüge in seiner Seele wieder ein, und die Erschütterung war überstanden. Hätte ich mich nicht entschuldigt, hätte die Vertrauensbrücke zu mir einen empfindlichen Riß bekommen. Die Begebenheit ist mir unvergeßlich geblieben.
Kinder erwarten von ihren Eltern keine Vollkommenheit, aber Ehrlichkeit. Wenn wir zu unserem Versagen stehen, bekommen auch sie Zutrauen zu einem Gott, der vergibt, vor dem man ehrlich sein darf und der einen nicht verstößt, sondern zu sich zieht, wenn es etwas zu bereinigen gilt, was die Ordnung, die Gerechtigkeit und den Frieden gestört hat.
Zur Konzessionsbereitschaft gehört weiterhin, daß die Eltern nicht immer nur ihre Wünsche durchdrücken, sondern auch nach den Vorschlägen der Kinder fragen: beim Bestimmen der Ausflugsziele, der Ferienplanung u.a. Diese Flexibilität ist gut und nötig. Wo es aber um die Prinzipien Gottes geht, gibt es keine Konzession. Ein Achtzehnjähriger bedankte sich bei seinem Vater nach fünfjährigem Kampf: „Ich danke dir, Vater, daß du mir widerstanden hast.“
Erziehen bedeutet Kampf. Dabei kann es nicht um Frieden um jeden Preis gehen. Hier gibt es etwas Wichtigeres als den Frieden, und das ist: die Befreiung unserer Kinder vom Bösen. Das bringt Spannungen mit sich, die ertragen werden müssen, die aber für alle Betroffenen weit lohnender sind als ein fauler Friede, der das Böse nährt und ihm Raum gibt. Jesus sagt: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“
(MATTHÄUS 10:34). Mit dem Bösen gibt es keinen Kompromiß. „Hasset das Böse!“
heißt es in RÖMER 12:9. Wer hier Frieden schließt, verrät das Leben, hängt nicht mehr dem Guten, hängt nicht mehr Gott an und ist letztlich inhuman. Wer aber zum Schwert des Wortes Gottes greift, verteidigt und schützt den Menschen und weist dem Bösen das Feld. Das ist rechte Humanität.
Volkhard und Gerlinde Scheunemann
Quelle: Volkhard und Gerlinde Scheunemann, Ein Leben lang Glück und Geborgenheit, Hännsler Verlag, Neuhausen Stuttgart (1982) S. 192-196, in: Der Auftrag. Copyright 1982 by Hännsler Verlag