Die Autorität des Vaters
In den vergangenen Jahren befaßten sich zahlreiche Predigten und Lehren mit der Rolle der Frau und ihrem Platz in Familie, Kirche und Gesellschaft. Eine Ursache dafür ist mit Sicherheit die Tatsache, daß in der Vergangenheit die überwiegende Mehrheit der Christen, die sich ernsthaft mit geistlichen Dingen beschäftigt haben, Frauen waren. Die natürliche Folge dieser an sich ungesunden Situation war ein verstärktes Maß an biblischer Lehre über den Platz der Frau in Gottes Reich.
So zeitgemäß und segensreich diese Lehre war, erweckte sie jedoch vielfach den Eindruck, als seien mit der Unterordnung der Frau alle Probleme gelöst. Doch lerne ich immer mehr zu verstehen, daß das zentrale Problem nicht die „rebellische Frau“ ist, sondern die Ehemänner und Väter auf der Flucht vor ihrer Verantwortung.
Die meisten Männer sind von Natur aus entweder passiv und ohne Verantwortungsgefühl, oder sie tyrannisieren ihre Familie ohne Gespür für gesunde Leiterschaft. Beide Extreme sind Merkmale einer grundlegenden Unsicherheit der Männer, die weder ihre von Gott bestimmte Rolle noch die damit verbundene Berufung und Verantwortung kennen.
In dem Buch „The Institutes of Biblical Law“ (Die Einrichtungen des biblischen Gesetzes) sagte R.J. Rushdoony, den ich für einen der hervorragendsten Theologen unserer Tage halte, folgendes über das Verschwinden von männlicher Leiterschaft in den Familien:
„Gegenwärtig sind die Männer, nachdem sie sich in jeder Hinsicht aus ihrer Verantwortung als Männer zurückgezogen haben, mehr mit persönlicher Befriedigung als mit gesunder Ordnung beschäftigt. Die Frauen, die sich um ihr Wohl und das Wohl ihrer Kinder sorgen, sehen sich in zunehmendem Maße mit den Problemen einer kranken Gesellschaft und dem damit verbundenen Niedergang von gesunden Maßstäben und Ordnungen konfrontiert“ … Als Ersatz für die immer weniger vorhandenen schützenden Strukturen und Ordnungen entwickeln sie matriarchalische Abwehrkräfte. Dieser … Trend zu einer matriarchalischen Gesellschaft ist in der westlichen Kultur heute offensichtlich. Ich möchte jedoch folgendes betonen: Eine matriarchalische Gesellschaft ist nicht dadurch gekennzeichnet, daß darin die Frauen regieren. Es handelt sich vielmehr um eine Gesellschaft, wo die Männer in ihrer Herrschaftsfunktion versagen, so daß die Frauen die doppelte Last der Verantwortung zu tragen haben!“
Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen. Ein Mann begeht seinen größten Fehler dann, wenn eine Frau am Hochzeitsaltar ihr Leben zu seinen Füßen legt und ihm das notwendige Verständnis und die geistige Einsicht fehlt, ihr Leben aufzuheben und zu gestalten. Nachdem es dann einige Jahre dort gelegen hat, wird sie es schließlich in ihrer Verwirrung, Frustration und Verletzung selbst in die Hand nehmen und ihre eigenen Wege gehen. Dann kann sie der Mann nicht mehr halten, und in seiner Unwissenheit und mangelnden Sensibilität ruft er aus: „Frau, du bist ein Rebell!“
Die Auswirkungen mangelnder Vaterschaft sind an der jungen Generation ebenfalls deutlich feststellbar. Kürzlich las ich eine psychologische Studie über sieben junge Frauen, die alle einen Selbstmordversuch unternommen hatten. Diese Untersuchung ergab, daß keine dieser Frauen irgendeine dauerhafte, tiefere Beziehung zu ihrem Vater hatte, ja, drei davon kannten ihren Vater nicht einmal. Ein anderer Psychologe des ‚New York Medical College‘ sagte kürzlich: „In all meinen Jahren psychologischer Forschung habe ich nie einen Fall von Homosexualität bei einem Mann erlebt, der eine gute und warme Beziehung zu seinem Vater hatte.“ Ich möchte diese Beobachtung gerne in einen größeren Zusammenhang bringen und in Kurzform darstellen, was sich, meiner Überzeugung nach, geistlich betrachtet in der heutigen Welt abspielt: nämlich ein geistlicher Kampf, der einen Großangriff gegen das Reich und die Herrschaft Gottes darstellt. Dieser Kampf wird vor allem an vier Fronten geführt:
1. Die soziale Front
Der säkulare Humanismus versucht, uns zu einer gleichgeschalteten Gesellschaft zu machen, in der es keine Klassen, keine Abstufung und keine Unterschiede gibt – nicht einmal jene, die Gott unter den Menschen geschaffen hat. Ich bin kein Verfechter irgendeiner Art von Kastensystem, das Diskriminierung und Unterdrückung hervorbringt. Aber ich wende mich gegen die Art von „Alle-sind-gleich- Mentalität“, die es einem Arbeiter erlaubt, seinem Vorgesetzten zu sagen: „Ich würde heute lieber Kaffee trinken als arbeiten, und wenn sie mir deswegen kündigen wollen, werde ich die Gewerkschaft benachrichtigen.“ Dies ist ein Geist, der um vermeintlicher „Rechte“ willen Respekt und Verantwortung zerstört.
2. Feindseligkeit gegenüber jeder Art von Autorität
Unabhängig davon, ob es sich um einen Polizisten, Politiker oder einen Mann Gottes handelt – im Zuge allgemeiner Respektlosigkeit scheint es geradezu ein Vergnügen zu sein, einen Mann, der Autorität trägt, schlechtzumachen. Mit großer Befriedigung verkündet uns das Fernsehen, wie verachtenswert Autorität ist und daß man sie übergehen, ihr nicht gehorchen oder sie lächerlich machen soll.
3. Der Verlust von Rollenvorbildern
Jeder sagt uns, was wir tun sollen, aber niemand zeigt uns, wie wir es tun sollen. Wir haben unsere Helden verloren. Es gibt niemanden mehr, zu dem unsere Jugend aufblicken und sagen kann: „So möchte ich auch sein.“ Die Vorbilder von heute sind Ausgeflippte und Verrückte, die die Polizei an der Nase herumführen.
4. Der abwesende Vater
Ein weiterer, ganz gezielter und konzentrierter Angriff richtet sich gegen Männlichkeit und insbesondere gegen Vaterschaft. In den wenigsten Fernsehsendungen beispielsweise werden gesunde Familien gezeigt. Entweder haben die dargestellten Familien nur ein Elternteil, oder der Vater ist ein brummelnder Idiot, der weder mit seinem Scheckbuch noch mit seinen Kindern umgehen kann. Er braucht seine Frau und seine Kinder, die ihn bemuttern und sich um ihn sorgen müssen, damit er einigermaßen zurechtkommt. Die Aussage ist eindeutig: Wir brauchen keine wirklichen Väter mehr.
Die meisten Psychologen sagen uns, daß es der Vater ist, von dem ein Kind seine Vorstellung von Gott und von Autorität ableitet. Wenn jedoch der erziehende und formende Einfluß eines Vaters im Leben eines Kindes fehlt, vor allem wenn kein Ersatz dafür vorhanden ist, hat dies tiefe Auswirkungen auf die Beziehung eines jungen Menschen zu Gott. Die Folge davon ist, daß eine ganze Generation keine richtige Vorstellung von Gott hat.
Die Vaterschaft Gottes
Gott selbst ist der Ursprung aller Vaterschaft. Jesus wird im Buch Jesaja der „ewige Vater“ genannt. Wenn wir Gott „Vater“ nennen, gebrauchen wir nicht nur ein Wort, sondern wir sprechen eine Rolle an, die Gott Seinem Volk gegenüber erfüllt. Vor kurzem las ich einen Aufkleber, auf dem stand: „Vertraue auf Gott, sie wird schon sorgen.“ Oder eine Zeitung aus San José berichtete kürzlich von einer Gruppe christlicher Theologen, die die Bibel als ein Buch von Sexisten bezeichneten und den Christen zu beten vorschlugen: „Unsere Mutter, die du bist im Himmel.“
Die Menschen wollen alles mögliche aus Gott machen, außer Ihn einfach den Gott der Bibel sein zu lassen. Sie verbinden Vaterschaft nur mit Sexualität und Zeugung, ohne zu verstehen, daß die Bereiche von Leitung, Unterweisung, Schutz und Versorgung in allen Lebensbereichen dazugehören. Als Vater ist Gott selbst unser Vorbild in bezug auf Leiterschaft sowohl im natürlichen wie auch im geistlichen Bereich. Gott regiert Seine Familie als Vater. Er hat auf Erden die menschliche Familie eingesetzt, damit dort die Autorität Seines Reiches durch den Familienvater ausgeübt wird. Gott ist ein Vater, der durch Väter regiert. Jede Leiterschaft in der Kirche, in der Gesellschaft und über die Völker hat ihren letzten Ursprung in der Autorität Gottes, des Vaters. Hierzu schreibt Rushdoony:
„… Regierung ist im besonderen die Berufung des Mannes als Ehemann und Vater und die der Familie als Institution … Wesentlich für die Funktion einer Familie ist Gottes Reich, und wesentlich für die Rolle des Mannes als Haupt einer Familie ist die Berufung, sich die Erde untertan zu machen und Herrschaft über sie auszuüben.“
Wo die Familie zerstört wird, wird die Grundlage für Gottes Regierungsherrschaft in dieser Welt zerstört.
Das hebräische Vorbild
Den meisten von uns ist diese Beurteilung der Familie fremd. Neulich traf ich einen Bekannten, der an der Harvard-Universität eine Doktorarbeit über das Reich Gottes schreibt. In seinen Studien wies er nach, daß der Ursprung des modernen theologischen Denkens zum größten Teil auf deutsche Theologen zurückgeführt werden kann. Die antisemitische Grundhaltung der meisten dieser deutschen Theologen hatte jedoch zur Folge, daß sie sich von der hebräischen Denkart distanzierten und stattdessen das Neue Testament durch die Brille der griechischen Philosophie betrachteten. Doch das Neue Testament wurde von Hebräern geschrieben. Diese Männer hatten ein ausgeprägtes Verständnis von Familie, Großfamilie und Stämmen, von Ältesten, älteren Brüdern und der Autorität eines Vaters. Die Griechen hatten ein anderes Konzept von Autorität: Ihre Autorität gründete sich auf den einzelnen und auf den demokratischen Stadtstaat.
Für die Männer, die das Neue Testament schrieben, war die Autorität in der Familie verwurzelt und erstreckte sich von dort über die Sippe und den Stamm auf die ganze Nation. Alle Autorität kam vom Vater. Dies hat es der jüdischen Nation ermöglicht, ihre Identität und Stärke durch zweitausend Jahre der Verfolgung aufrechtzuerhalten. Es war der Papa, der die Familie zusammenhielt.
Zu den Zeiten des Alten Testamentes herrschte im Nahen Osten ein wildes Durcheinander verschiedener Sekten und aller Arten von Götzendiensten, die in Perversion, weiblichen Gottheiten und Kindesopfern gipfelten. Welche Antwort gab Gott auf dieses Chaos? Er berief einen Vater! Er sagte: „Abram“
(das bedeutet: ‚berufener Vater‘) „Zieh aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zum Segen für den ganzen Erdkreis und zu einem Vater von vielen Nationen machen“
(Vergleiche 1. MOSE 12:1-3 und 1. MOSE 17:1-6). Abraham (Vater von vielen) war ein starker Leiter, der verstand, seiner Familie ein Vater zu sein. Seine Nachkommen veränderten den Ablauf der Geschichte nicht nur im Nahen Osten, sondern in der ganzen Welt. Er war der Vater von Isaak, der wiederum der Vater Jakobs war und so weiter: Die Linie geht über Jesse und David bis zu unserem Herrn Jesus.
Gottes Antwort auf die Verwirrung und Orientierungslosigkeit in unserer heutigen Welt ist dieselbe wie vor fast viertausend Jahren – Väter! Der einzige Weg, wie Gottes Liebe und Vaterschaft in diese Welt kommen wird, ist durch Männer, die es verstehen, zu regieren und wahre Väter zu sein.
Gottes Ausbildungszentrum – die Familie
Das Neue Testament gibt Männern, die sich zu Leitern in Gottes Volk berufen fühlen, folgende Richtlinien: „Er soll ein guter Familienvater sein und seine Kinder zu Gehorsam und allem Anstand erziehen. Wer seinem eigenen Hauswesen nicht vorstehen kann, wie soll der für die Kirche Gottes sorgen?“
(1. TIMOTHEUS 3:4-5)
Ich denke, daß mit „Vorstehen“ sowohl der natürliche als auch der geistliche Aspekt gemeint ist. Die „Kinder zu Gehorsam und allem Anstand zu erziehen“
bedeutet, durch Sein Wort zu handeln und nicht in Wut oder Zorn die Kinder zum Gehorsam zu prügeln.
Jeder Mann, der ein Leiter werden will, sollte wissen, daß der beste Ausbildungsplatz, den er sich vorstellen kann, seine eigene Familie ist. Diese Verse lehren uns, daß eine stabile, geborgene Familie, geführt von einem Mann, der seine Vaterschaft auszuüben weiß, die Ausgangsbasis für jeden bedeutsamen Dienst an Gottes Volk sein soll.
Wirkliche Leiterschaft in Gottes Volk hängt also in erster Linie nicht von professionellen Geistlichen ab. Gott bildet Seine Leiter zuallererst in ihren Familien aus! Meine Ausbildungsstätte sind Judy, Karen, Beth, Bobby und Eric. Der Herr sagt: „Bevor du anfängst, irgend jemanden aus meinem Volk zu leiten, lerne zuerst, in deinem eigenen Reich Frieden und Ordnung aufzurichten.“ Wenn ich dies in meiner eigenen Familie nicht schaffe, dann habe ich kein Recht dazu, anderen zu sagen, wie sie es schaffen sollen. Indem ich lernte, für meine Frau ein richtiger Ehemann und meinen vier Kindern ein guter Vater zu sein, erfuhr ich die wesentlichen Veränderungen meines Charakters, die notwendig waren, um als Leiter Gottes Volk helfen zu können. Ich bin noch nicht am Ziel, aber ich arbeite darauf hin.
Die Familie ist die grundlegende Zelle der Kirche und der Gesellschaft. Starke Väter in den Familien werden zu starken Leitern in der Kirche werden. Auch die Kirche braucht Väter. Paulus war für Timotheus ein geistlicher Vater. Er hat ihn sozusagen „im Herrn“ erzogen. Das Fehlen von Männern, die die Autorität und den Mut haben, für andere Menschen wirkliche Väter zu sein, ist ein wesentlicher Grund für die Schwäche der Kirche. In letzter Zeit hat uns der Herr gezeigt, daß die Autorität, Jüngerschaft und stabile Beziehungen in Gottes Volk äußerst wichtig sind. Die Kirche ist herausgefordert, das Geheimnis von Vaterschaft neu zu entdecken und dadurch Kraft und Leben zu empfangen.
In dem Leben vieler Menschen, die nie eine tiefe Beziehung zu einem verantwortungsbewußten Vater hatten, ist ein großes Vakuum entstanden. Gerade junge Menschen haben kaum eine Ahnung, wie man das Leben, insbesondere das Berufsleben, anpackt. Sie brauchen Väter, die ihnen helfen. Und wenn ihre leiblichen Väter diese Verantwortung nicht wahrnehmen, dann ist die Kirche herausgefordert, im Glauben diese Lücke auszufüllen.
Die Autorität des Vaters
Nachfolgend möchte ich auf sieben Bereiche eingehen, von denen ich glaube, daß sie bei den meisten Ehemännern und Vätern unterentwickelt sind. Doch gerade auf diesen Gebieten kann man eine Menge dazulernen, wenn man seinen „Ausbildungsplatz“, die Familie, bereitwillig annimmt. Dann nämlich fängt ein Vater an, die Kraft und die Autorität, die in ihm steckt, neu zu entdecken und auszuüben.
1. Treue
Eine der ersten Lektionen, die ein Vater lernen muß, ist, seinem Wort gegenüber treu zu sein, auch dann, wenn es schwierig ist. Er muß dem Ehebund treu sein, seine Frau lieben und zärtlich zu ihr sein, selbst wenn es nicht einfach ist. Er steht in einem Bund mit seinen Kindern und lernt, treu zu sein, auch wenn die Kinder weglaufen, Drogen nehmen oder verrückt spielen. Was ließ den verlorenen Sohn zurückkommen? Ein Vater, der dem Bund mit seinem Sohn treu war. Als dieser Sohn am Ende war, wußte er, daß im Hause seines Vaters ein Platz für ihn frei war. Er kannte die Bündnistreue seines Vaters.
2. Kommunikation
Es ist von entscheidender Bedeutung, offen miteinander zu reden. Ein treuer Vater kann dies sowohl mit seinem sechsjährigen wie auch mit seinem siebzehnjährigen Kind. Er lernt es, sich selbst klar auszudrücken, Probleme direkt anzugehen und ihnen nicht auszuweichen oder davon abzulenken. Er muß zuhören können und annehmen, was seine Familie zu sagen hat. Als Ehemann reagiert er nicht unsicher, wenn seine Frau nicht mit ihm übereinstimmt. Er kann ihr zuhören. Als Vater verliert er nicht die Fassung, wenn seine Kinder ihm sagen möchten, daß er unrecht hat. Er hört zu und versteht. Wenn jemand seinem Ärger Luft macht, erkennt er die inneren Verletzungen, die dazu geführt haben. Er bemerkt hinter all dem hysterischen Benehmen eines Teenagers die Frustrationen der Pubertät, und in der Gleichgültigkeit und Auflehnung seines Sohnes spürt er die Sehnsucht nach Liebe.
3. Stabilität
Ein Familienvater muß lernen, auf Ablehnung und Manipulationsversuche mit Sicherheit und Gelassenheit zu reagieren. Gerade wenn er durch seine Frau Ablehnung erfährt, soll sich der Mann nicht zurückziehen oder verkriechen, sondern Verständnis und Liebe zeigen. Droht ihm beispielsweise das Kind: „Wenn ich nicht länger fernsehen darf, dann renne ich davon!“, antwortet der Vater: „Komm her, ich helfe dir packen.“ Oder seine Frau flüstert ihm zärtlich ins Ohr: „Liebling, du kaufst mir doch diese Jacke, nicht wahr?“ antwortet der Mann: „Nein, ich habe doch gesagt, diesen Monat wird keine Kleidung mehr gekauft.“ Stabile Väter erkennen Manipulation und Ablehnung und lernen es, ruhig und entschlossen darauf zu reagieren. Jeder, der für andere Menschen in Gottes Reich Verantwortung übernimmt, muß erst diese Lektion gelernt haben.
4. Brüderliche Gemeinschaft
Ich glaube, daß die meisten christlichen Väter aus Unwissenheit versagen und nicht, weil sie sich keine Mühe geben. Von unschätzbarem Wert ist es daher, wenn man im Rahmen einer christlichen Gemeinschaft stabile, gesunde Beziehungen zu anderen Männern und Vätern pflegen kann. In der Vielfalt einer lebendigen Gemeinschaft von Christen gibt es genügend Unterstützung, Rat und auch Korrektur. Wohl nichts hilft einem verzweifelten Vater besser durch harte Zeiten hindurch als Brüder, die ihm zur Seite stehen.
5. Autorität
Ein Vater muß die Autorität haben, Entscheidungen zu treffen, nach denen sich jeder zu richten hat, selbst wenn niemand seiner Meinung ist. Beispielsweise verkündet der Vater: „Kinder, an diesem Sonntag nach dem Gottesdienst machen wir ein Familienpicknick.“ Antwortet das erste Kind: „Ich hasse Picknicks.“ Kind Nummer zwei: „Ich habe mich am Nachmittag schon verabredet.“ Das dritte Kind: „Ich muß ein Buch für die Schule lesen.“ Das Vierte: „Mir wird schon übel, wenn ich nur das Wort „Picknick“ höre.“ Ein Vater, der seine Autorität richtig auffaßt, wird sagen: „Ich wiederhole: am Sonntag Nachmittag ist Familienpicknick.“ Und an Kind Nummer eins gewandt: „Du kommst trotzdem mit!“, zu Nummer zwei: „Ruf deinen Freund an und verschieb deine Verabredung!“, zum Dritten: „Du kannst dein Buch auch am Samstag lesen.“ Und zum vierten Kind: „Du wirst gesund.“ Ein Vater kann seine Familie durch ein Wort regieren, ohne zu tyrannisieren.
6. Prioritäten
Als Haupt einer aktiven Familie wird ein Vater mit dem schwierigen und oft schmerzhaften Problem konfrontiert werden, gemäß biblischen Maßstäben Prioritäten zu setzen. Ausgerechnet während eines spannenden Fußballspiels im Fernsehen kommt deine Frau von der Nachbarin, mit der sie gerade eine Auseinandersetzung hatte, und will mit dir darüber sprechen. Prioritäten! Oder dein Sprößling spielt am Freitagabend zum ersten Mal in einem Krippenspiel mit, und gerade an diesem Abend ist eine Besprechung angesetzt. Prioritäten setzen bedeutet: meine Familie kommt vor Sport, Freunden, Hobbys, Arbeit, Dienst in der Gemeinde, Seelsorgegespräch und der Arbeit am Haus. Diese vielfältigen Anforderungen in der richtigen Balance zu halten, ist für jeden Mann eine herausfordernde Aufgabe.
7. Reaktionsvermögen
Immer wieder tauchen im Alltag urplötzlich kritische Situationen auf, die einem keine Zeit lassen, zuerst zu beten und zu fasten. Solche Situationen sind ein Teil von Gottes Trainingsprogramm für einen Mann, der lernt, ein Leiter zu sein. Auch in der Arbeit unter Gottes Volk werden immer wieder Situationen auftauchen, wo es darauf ankommt, einen kühlen Kopf zu bewahren und schnell zu reagieren.
Auswirkungen väterlicher Autorität
Vaterschaft, die mit wahrer Autorität ausgeübt wird, hat mit Sicherheit sowohl in der Familie als auch in der Kirche weitreichende Auswirkungen. Einige davon möchte ich etwas näher betrachten.
1. Segen
Als ich mich etwas genauer mit Abraham, Isaak, und Jakob beschäftigte, stellte ich fest, daß der Segen des Stammvaters kein Auflegen von leeren Händen auf leere Köpfe war. Wenn der jüdische Vater seine Hand auf seinen Sohn legte und ihn segnete, dann gab er ihm etwas Ewiges, Göttliches und Übernatürliches mit. Meine Beziehung zu meinem eigenen Vater war sehr schwierig. Ich brauchte neun Jahre, um die Ablehnung und die Verletzung, die ich empfand, zu verdauen. Vor einigen Jahren bekam mein Vater eine tödliche Krankheit. Der HERR richtete es so ein, daß ich die drei Monate bis zu seinem Tod jedes Wochenende mit meinem Vater verbringen durfte. Ich konnte ihn pflegen und ihm so meine Liebe zeigen. In diesen Wochen wuchs in mir ein Herzenswunsch: „Herr, es gibt etwas, worum ich dich bitten möchte, bevor mein Vater hingeht, um mit dir zu sein. Ich bitte dich darum, daß er mir seinen väterlichen Segen gibt.“
Mein Vater kannte nur ein einziges Gebet, das er jedesmal gebetet hatte, wann immer ich ihn, in all den Jahren, die ich ihn kannte, beten hörte. Er wußte nicht, wie man für jemanden betet, geschweige denn, wie man jemanden segnet. Bevor eines Tages meine Frau und ich seinen Raum verließen, nahm ich seine alte, knochige Hand in meine und sagte: „Vater, bitte bete für mich.“ Er schloß seine Augen und begann zu beten, dasselbe Gebet, das er all die Jahre gesprochen hatte. Als er anfing, war ich zunächst ein bißchen enttäuscht. Doch plötzlich änderte sich seine Stimme und bekam Autorität und Stärke: „Vater, ich bitte dich, daß dieser mein Sohn deinen Segen erfährt und daß du seinen Dienst bis an die Enden der Erde trägst. Und ich bitte dich, oh Gott, um deinen Segen und deine Fürsorge und deinen Schutz an jedem Platz, auf den er seinen Fuß setzen wird, wenn er dir dient bis an die Enden der Erde.“ Sobald mein Vater geendet hatte, fiel er ins Koma, aber ich wußte, daß er Gottes Segen auf mich herabgerufen hatte.
So ein Segen wirkt auch nach außen. Die Schrift bezeugt immer wieder, daß ein Mann und dessen Familie unter dem Segen Gottes auch finanzielles und gesundheitliches Wohlergehen erfahren.
Starke Väter in den Familien Werden zu starken Leitern in der Kirche Werden.
2. Realitätssinn
Wer von uns weiß noch, daß Kinder innerhalb bestimmter Grenzen aufwachsen müssen? Unsere Gesellschaft hat eine ganze Generation von unreifen, frustrierten, verantwortungslosen und maßlosen jungen Leuten hervorgebracht, weil irgend jemand gesagt hat: „Verbietet ihnen nichts! Reißt die Grenzen nieder! Laßt den kleinen Josef nur seinen Instinkten folgen!“ Der kleine Josef hat die Schule auf den Kopf gestellt, seine Eltern verrückt gemacht, Drogen genommen und ist an einer Überdosis gestorben oder im Gefängnis gelandet. Und da fragen manche noch, warum.
Kinder müssen Fehler machen und mit dem Leben experimentieren, aber sie brauchen Grenzen, die sie daran hindern, sich selbst umzubringen oder ihr Leben zu zerstören. Hier liegt die Aufgabe eines Vaters. Sobald dein Dienst anfängt, gesegnet zu werden, und Menschen auf dich blicken, ist es sehr leicht, in anderen Regionen zu schweben. Deine Frau, deine Kinder und wohlmeinende Brüder werden dich dann schnell wieder auf den Boden der Realität zurückholen.
Es ist eine Freude für mich, zu sehen, wie junge Männer in einen starken, wirkungsvollen Dienst in Gott hineinwachsen. Sie nehmen ihren Platz im Leib Christi ein, ohne all die Verletzungen, Rückschläge und Zusammenbrüche durchleiden zu müssen, durch die viele meiner Brüder und ich selbst gehen mußten. Sie hatten jemanden, der ihnen sagte, wann sie vom Weg abgekommen waren, der sie ermahnte, ihre Familien in Ordnung zu halten und mit den Füßen am Boden zu bleiben, und der sie ermutigte, wenn sie aufgeben wollten. Viele von uns hatten dies nie. Es wächst eine neue Generation von Leitern im Leib Christi heran, Männer, die selbst geistliche Väter hatten, von denen sie im Herrn erzogen worden sind, und die dadurch in der Lage sind, andere Menschen zu leiten.
Ein Kind muß von einer Mutter und von einem Vater erzogen werden. Beide haben eine wichtige Funktion, aber es besteht ein Unterschied zwischen Vaterschaft und Mutterschaft. Eine Mutter macht das Kind empfindsam und sensibel, wohingegen ein Vater das Kind von sich selbst wegblicken läßt und stark macht. Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen: Wir gehen mit unserem dreijährigen Sohn die Straße entlang. Er fällt hin. Die Mutter sagt: „Oh mein Kleiner, hast du dir wehgetan?“ Doch der Vater sagt: „Komm, steh auf und hör auf zu schreien, du wirst es schon überleben.“ Um sich normal entwickeln zu können, braucht ein Kind beides. Es braucht jemand, der ihm Liebe und Fürsorge geben und seine Sensibilität entwickeln kann (im übrigen kann ein Vater dazu auch einiges beitragen), und besonders ein Sohn braucht auch einen Vater als Vorbild, der ihn wieder auf die Beine stellt und seine Aufmerksamkeit von sich selbst weglenkt. Durch den Vater wird ein Kind dazu erzogen, dem Leben in die Augen zu schauen und die Herausforderung, die es bietet, anzunehmen.
3. Anerkennung
Vor einigen Monaten war ich mit meiner Familie unterwegs. Wir unterbrachen unsere Fahrt, um einen Freund zu besuchen, zu dem sich über mehrere Jahre hinweg eine tiefe Beziehung entwickelt hatte. Die Stadt, in der dieser Mann seinen Dienst tat, hatte große soziale Probleme, und dadurch stand auch dieser Bruder unter sehr großem Druck. Seine Ehe und Familie hatten durch diese starke Belastung ebenfalls sehr gelitten. Nach einigen Tagen kamen wir in ein längeres Gespräch. Ich fragte ihn: „Du bist sehr entmutigt, nicht wahr?“ Er bejahte und begann dann, mir sein Herz auszuschütten. Nachdem er geendet hatte, fragte ich ihn: „Bitte sag mir, hat es in deinem Leben jemals einen Menschen gegeben, den du liebtest, der gesagt hat: Du machst deine Sache sehr gut?“ Tränen traten ihm in die Augen, als er bekannte: „Bob, ich bin seit neun Jahren in diesem Dienst, und ich glaube, ich habe nie die Worte gehört: „gut gemacht“; man hat mir beigebracht, daß es falsch ist, von Menschen Anerkennung zu bekommen.“
Als Jesus selbst im Verlauf Seines Dienstes mehrmals an einen kritischen Punkt kam, wollte der Vater Seinem Sohn etwas Entscheidendes und Lebenswichtiges sagen. Immer, wenn der Vater zu Seinem Sohn sprach, so, daß es alle hören konnten, waren es Worte der Bestätigung und der Anerkennung: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“
(MATTHÄUS 3:17). Offenbar war es für Jesus wichtig zu wissen, daß Sein Vater zufrieden mit Ihm war.
Mir ist dieser Punkt sehr wichtig. Aus Angst davor, von Menschen gelobt und anerkannt zu werden, haben wir uns einer Sache beraubt, die ein wertvolles, lebensspendendes Geschenk Gottes ist – Anerkennung. Wenn jemand unsere Arbeit lobt, werden wir plötzlich nervös und beschämt, aus Angst davor, nicht demütig genug zu sein. Wir alle brauchen einen Vater, den wir lieben und bewundern und der uns ernstgemeinte, schriftgemäße Anerkennung gibt, wenn wir sie nötig haben. Ich rede nicht von Schmeichelei, Manipulation oder dem Versuch, auf billige Weise Freunde zu gewinnen, ich spreche von der aufrichtigen, tiefen Anerkennung eines Vaters.
Ein etwa dreißig Jahre alter Mann in unserer Gemeinschaft fällt durch seine außergewöhnliche Begabung auf. Bei ihm läuft alles, wie es sich ein Mann nur wünschen kann. Er hat eine der besten Schulen im Lande besucht und sehr gut abgeschlossen, einen Doktorgrad in Röntgenmedizin und Röntgenphysik erworben und eine ausgezeichnete Arbeitsstelle gefunden. Dennoch leidet er sehr an Minderwertigkeitsgefühlen, und es fällt ihm schwer, irgendeine tiefere Beziehung zu anderen Menschen aufzubauen. In den ersten achtundzwanzig Jahren seines Lebens hörte dieser Mann von seinem Vater niemals die Worte: „Sohn, ich bin stolz auf dich.“ Gott ist dabei, die Wunden zu heilen, aber sie sitzen sehr, sehr tief.
4. Autorität
Unsere Jugend ist rebellisch und respektlos, weil sie in der Familie nicht gelernt hat, Autorität anzuerkennen. Die Eltern lassen ihre Kinder tun, was sie wollen, und wundern sich dann, wenn aus ihnen kleine Tyrannen werden.
Ein Prinzip in der Bibel besagt: Du kannst Gott nicht lieben, wenn du nicht deinen Bruder liebst. Ich glaube, dies gilt ebenso für Gehorsam gegenüber Autorität. Gott übt Seine Regierung durch Seinen Leib aus. Indem wir lernen, unseren geistlichen Leitern zu gehorchen, lernen wir es, Gott zu gehorchen. Nachdem ich persönlich gelernt hatte, mich anderen Männern unterzuordnen, begannen auch meine Frau und meine Kinder zu lernen, sich mir unterzuordnen.
Viele Menschen haben Angst vor Autorität. Der Grund dafür liegt darin, daß Autorität sehr oft von Menschen mißbraucht worden ist, die keine Väter waren und die nicht das Herz eines Vaters hatten. Gott ist ein Vater, Er regiert durch Väter und wird es nicht zulassen, das irgend jemand Sein Volk leitet, der sich nicht als ein Vater erwiesen hat. Autorität in der Hand eines Mannes, der ein guter Vater ist, ist nicht gefährlich.
5. Männlichkeit
Ein Teil des Angriffes gegen unsere Familien besteht darin, Männer zu verweiblichen. Ich möchte noch einmal Rushdoony zitieren: „Indem keine familienorientierte Erziehung mehr praktiziert wird, werden die Männer ihrer wesentlichen Aufgaben und damit ihrer männlichen Autorität beraubt. Dadurch fehlt den Frauen die Grundlage für ihre eigentliche, gottgeschaffene Funktion, und es bleibt ihnen nur übrig, ein netter Luxusartikel für Männer oder ein aggressiver Konkurrent für sie zu sein. Im Grunde werden dadurch die Frauen dazu erzogen, Männer zu sein, und so ist es nicht überraschend, daß viele Frauen zutiefst unglücklich sind. Die Männer sind keineswegs glücklicher, weil ihnen, den Vätern, die Aufgabe der Erziehung entzogen und dem Staat übertragen worden ist, wodurch eine Entwicklung zunehmender Verweiblichung eingesetzt hat. Besonders davon betroffen sind die jungen Männer.“
Durch meine jahrelangen Bemühungen, Ehepaaren und Familien zu helfen, sammelt sich eine Reihe interessanter Erfahrungen. Dabei stieß ich immer wieder auf ein und dieselbe Ursache vieler scheinbar unlösbarer Probleme: Die Ehemänner hatten eine weibliche Art entwickelt, ihre Aufgabe in der Ehe wahrzunehmen. Ich rede jetzt nicht von sexuellen Fragen, sondern davon, daß die Ehemänner auf eine Weise fühlen, denken, reagieren und handeln, wie es eigentlich Frauen entspricht. Dies führt dann, etwas überspitzt ausgedrückt, dazu, daß sozusagen zwei Frauen versuchen zusammenzuleben. Da dies nicht funktioniert, werden die Ehefrauen frustriert, verletzt und gefühlsmäßig unausgefüllt. Doch sobald diese Männer „männlich“ geworden sind, ändert sich die Lage. Unter Männlichkeit verstehe ich in diesem Zusammenhang die Fähigkeit, sein Leben und seine Gefühle unter Kontrolle zu haben und in Schwierigkeiten nicht wie eine Frau zu handeln oder zu reagieren. Verweiblichte Männer brauchen stets Bestätigung. Ein wirklicher Mann dagegen möchte zwar respektiert werden, aber er sorgt sich nicht darum, ob die Menschen ihn mögen oder nicht. Ein Mann in Leiterschaft übt in seinen Entscheidungen keine unnötige Zurückhaltung oder Vorsicht, um Zustimmung zu bekommen. Er leitet, egal, was die Leute von ihm denken.
Es ist wichtig, sich über den Unterschied zwischen einem gesunden Streben nach Respekt und Anerkennung und der Sucht, Menschen zu gefallen, im klaren zu sein. Ein Mann sollte auch wie ein Mann reagieren, wenn er korrigiert wird. In manchen Gesprächen mit Männern, die ich zurechtweisen mußte, wollte ich am liebsten ausrufen: „Um Himmels willen, Mann, übernimm endlich deine Verantwortung und reiß dich zusammen.“ Es ist nicht falsch, innerlich getroffen zu werden und zu weinen, aber ein Mann nimmt sich selbst und seine Fehler an.
Er schiebt sie nicht auf die Eltern, die Erziehung, die Gesellschaft oder sonst jemanden ab. Ein Mann ergreift die Initiative. Er löst nicht nur Probleme, nachdem sie aufgekommen sind, sondern er erkennt Gottes Handeln, übernimmt die Verantwortung und sagt: Das ist der Weg. Niemand darf erwarten, daß ihm jemand folgen wird, wenn er nicht weiß, wo es entlang geht. Jemand, der nur versteht, große Worte zu machen oder sich aufzuspielen, der John-Wayne- oder James-Bond-Typ ist ebenso schwach wie der Weichling mit den schlaffen Knien. Wir wollen nicht den Fehler begehen und Hollywoods Vorstellungen von Männlichkeit übernehmen. Unser eigentliches Vorbild ist Jesus.
6. Charakter
Ich möchte im folgenden auf einige Charaktermerkmale hinweisen, die durch das Ausüben gesunder Vaterschaft gefördert werden.
Ausdauer: Ausdauer ist ein Zeichen von Verläßlichkeit. Unsere Gesellschaft leidet unter einem Mangel an Verantwortungsbewußtsein und der Unfähigkeit, etwas zu Ende zu führen, was einmal begonnen wurde.
Die Fähigkeit zur Konfrontation: Die meisten Männer werden unsicher oder weichen aus, wenn es zu einer direkten Auseinandersetzung kommt. Wenn wir eine Konfrontation mit unseren Familien oder mit anderen Menschen nicht durchstehen, wie werden wir gegen die Welt standhalten können?
Innere Stärke: Ich sage „innere“, weil ich nicht die Muskeln meine. Vor kurzem las ich folgende Zeilen, geschrieben von einer Witwe: „Mein Ehemann war ein ganz außergewöhnlicher Mann. Er hatte zwei Jahre nach unserer Hochzeit einen Betriebsunfall, bei dem er sich das Rückgrat unterhalb des Halses brach. Die folgenden 23 Jahre lag er im Bett. Er war unfähig zur geschlechtlichen Beziehung und auch ansonsten völlig hilflos. Ich mußte diese 23 Jahre arbeiten, um die Familie zu ernähren. Aber mein Ehemann strahlte so viel innere Stärke aus, daß ich es kaum erwarten konnte, mich nach der Arbeit zu ihm ans Bett zu setzen und von ihm Kraft und Zuspruch zu erfahren.“ Als ich diese Zeilen las, fragte ich mich, ob ich jemals ein Mann werden würde. Ich weiß nicht, ob ich in dieser Lage nicht in Selbstmitleid, Bitterkeit oder Apathie gefallen wäre. Welch ein Mann! Und welch eine Frau!
7. Veränderung
Nun möchte ich noch auf einige Punkte aufmerksam machen, die durch gesunde Vaterschaft Korrektur und Veränderung erfahren.
Eine falsche Betonung der Gnade: Ein verweiblichtes Christentum erkennt nicht das Anliegen des Vaters, Sein Volk zur Reife zu führen, und legt eine einseitige Betonung auf Gnade. Jesus hat Gnade gegeben. Er sagte zur Ehebrecherin: „Ich verurteile dich nicht“.
Aber dann fügte Er hinzu: „Sündige nicht mehr“
. Ich selbst predige Gnade. Ich bin ein Kind der Gnade Gottes, aber ebenso ein Kind seiner Zuchtrute. Ich liebe Seinen Stock genauso, wie ich Seine Gnade liebe. Sie gehören zusammen. Im zwölften Kapitel des Hebräerbriefes wird deutlich zum Ausdruck gebracht, was ich damit meine.
Falsche Motive für den Dienst: Wenn ein Mann für seinen Dienst andere Motive hat, als nur dem Herrn zu gefallen, so wird eine enge Beziehung zu seinem geistlichen Vater diese zu seinem Schutz und zum Schutz des Leibes Christi ausrotten.
Übertriebene Betonung der kirchlichen Formen: Ich meine damit ein unzulängliches Verständnis von Autorität und Leiterschaft, daß sich mehr mit hierarchischen Strukturen zufriedengibt als mit echten, väterlichen Beziehungen. Ein wirklicher Vater ist nicht jemand mit einer professionellen religiösen Fassade, sondern eine Person, die von Menschen geliebt, berührt und angefaßt werden kann.
Mißbrauch der Autorität: Ein wirklicher Mann muß nie jemanden bedrohen oder lächerlich machen. Er führt durch sein Wort. Ein Mann, der seine Herde wie ein kleiner Diktator zusammenhält, indem er Angst und Bibelsprüche benutzt, ist kein Vater.
Vertauschung der Rollen: Männer sollten männlich sein und Frauen weiblich. Männer sollten sich wie Männer anziehen, und Frauen sollten sich wie Frauen kleiden. Das ist nicht meine Lehre, das ist biblisch. Väter, die sich wie Männer benehmen, geben ihren Kindern ein Vorbild, nach dem sie sich ausrichten können.
Bemutterung: In der Familie ist damit der übervorsichtige Vater oder die übervorsichtige Mutter gemeint, die niemals die Kinder aus den Augen lassen. Sie bemuttern ihre Kinder und geben ihnen nie eine Chance, Fehler zu machen und wie normale Kinder aufzuwachsen. Der Vater sagt beispielsweise: „Ich werde meinem Sohn ein Messer zu seinem Geburtstag kaufen.“ Die Mutter antwortet: „Aber er ist erst neun Jahre alt, er wird sich schneiden!“ Der Vater: „Das ist in Ordnung, es wird wieder heilen, und er wird lernen, wie man mit einem Messer umgeht.“
Was Teenager mehr als alles andere veranlaßt, den Rand des Abgrundes zu überschreiten, sind Eltern, die sie behandeln, als wären sie noch vier Jahre alt. „Tu dies, tu das, tu jenes, sei still, halt den Mund und tu, was ich dir sage.“ Auf diese Weise entstehen eine Menge Probleme.
In der Kirche ist es oft der Pastor, der seine Leute bemuttert und sie keinen Schritt tun läßt, ohne mit ihnen alles genau besprochen zu haben. Wenn Menschen gerade begonnen haben, mit Gott zu gehen, müssen sie manchmal so behandelt werden. Aber man darf nicht dabei stehenbleiben, sondern sie müssen wachsen, reifen und lernen, auf richtige Weise selbständig in Gott zu werden. Der Ruf meines Herzens ist: Gott, gib uns Männer! Männer, die nach Hause gehen und ganze Väter sind. Männer, die den Weg nicht nur zeigen, sondern ihn vorangehen und andere führen können. Männer, die ihre Aufgaben wahrnehmen, und Männer, die ihre Lektion lernen und daraus verändert hervorgehen, bereit, den Willen Gottes zu tun.
Bob Mumford
BOB MUMFORD war Pastor, Evangelist und Professor für Bibel und Mission am Elim Bible Institute (Lima, New York). Seine ausgedehnte Lehrtätigkeit führte ihn in verschiedene Kontinente und vor allem in den letzten Jahren auch immer mehr nach Europa.
Quelle: Wiederherstellung, August 1993